Frau Schröder, können Sie Familie?

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder: Nett vom Blatt gelesen
Bundesfamilienministerin Kristina Schröder: Nett vom Blatt gelesen

Hier in Berlin fand am Donnerstag der Abschlusskongress des Nationalen Aktionsplans „Für ein kindergerechtes Deutschland 2005-2010“ (NAP) statt. Rund 300 Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Praxis diskutierten über Erfahrungen, Ergebnisse und Perspektiven des Umsetzungsprozesses. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder hielt die Eröffnungsrede. Unsere Ministerin für alles außer Männer, die die laut Fernsehstimmen immer noch auf der Suche nach ihrem Profil ist, wollte ich mir nicht entgehen lassen. Also meldete ich mich als Bloggerin für den Abschlusskongress an und fand mich gestern Vormittag im Tagungszentrum. Ihre Qualifikation für den Posten als Familienministerin sei vor allem, dass sie aus Hessen komme und Politik könne, schrieb im Februar 2010 der Spiegel über Kristina Schröder. Und ich fragte mich während ihrer Rede immer mehr, ob diese Frau auch Familie könne, denn das was sie sagte, kam nett vom Blatt gelesen daher – mehr kam vom Rednerpult aus nicht beim Publikum an. Es sollte vielleicht kämpferisch oder zumindest engagiert klingen, als sie sagte: „Wir sind noch lange nicht am Ziel. Der nächste Schritt muss sein, dass Kinder und Jugendliche stärker dort mitreden können, wo ihr Lebensumfeld berührt ist – in der Schule oder im Sportverein aber auch bei kommunalen Entscheidungsprozessen, etwa in der Stadtplanung.“ Doch sie so über Partizipation von Kindern und Jugendlichen reden zu hören, war eigentlich nur peinlich. Denn immer wieder streute sie dieses unsägliche „meine Damen und Herren“ ein, bei dem ich mich immer wundere, wer heute noch glaubt, eine Rede damit aufpeppen zu können. Und so war es nicht verwunderlich, dass nach dem Höflichkeitsapplaus am Ende im Auditorium ein Arm nach oben schnellte, obwohl Fragen gar nicht eingeplant waren. Eine Stimme fragte: „Frau Schröder, Sie sagen immer ‚meine Damen und Herren‘. Sagen Sie doch auch mal ‚liebe Kinder und Jugendliche‘.“ Stürmischer Applaus!

Später traf ich die Frau zur Stimme im Foyer bei der gemeinsamen Suche nach Handy-Empfang: Nadine Wacker, die in Mainz Politikwissenschaften studiert, erzählte mir, dass sie es einfach ungerecht von Frau Schröder fand, diejenigen Schüler und Studenten nicht zu begrüßen oder ihnen gar zu danken, die in den letzten fünf Jahren so aktiv am NAP mitgewirkt hatten. Die Ministerin entschuldigte sich. Das habe sie so gar nicht gemeint. Dummerweise musste sie auch so ganz schnell nach ihrem Auftritt den Saal verlassen. Ein wichtiger Termin sei überraschend dazwischen gekommen. So richtig verwundert hatte das wahrscheinlich die wenigsten der Anwesenden. Zumindest das ZDF, das vor Ort war, berichtete am Abend in der Kindernachrichtensendung logo! über den Abschlusskongress ganz aus Sicht der jungen Beteiligten.

Parallel zum Kongress wurde der Abschlussbericht „Perspektiven für ein kindergerechtes Deutschland“ zum NAP veröffentlicht. Auch Kinder und Jugendliche selbst haben ihre Sicht eingebracht. Eine zentrale Erkenntnis des NAP ist: Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an den sie betreffenden Entscheidungen bringt nachhaltig tragfähige Lösungen hervor. Der Nationale Aktionsplan „Für ein kindergerechtes Deutschland 2005-2010“ basiert auf Beschlüssen des Weltkindergipfels der Vereinten Nationen 2002, seine Laufzeit endet im Dezember 2010. Ziel ist es, die Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen zu verbessern und ihre Rechte in der Gesellschaft zu stärken. Jetzt wäre es nur zu wünschen, dass er zur dauerhaften Arbeitsgrundlage wird und nicht von der nächsten Besetzung in den Regierungssesseln einfach vom Tisch geschoben wird.

Zum Downloaden: Perspektiven für ein kindergerechtes Deutschland – Abschlussbericht des Nationalen Aktionsplans „Für ein kindergerechtes Deutschland 2005-2010“

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