„Guten Morgen“ versteh’n och einjefleischte Berlina

Es sind nur 3°C da draußen, es gießt unablässig vom Himmel und natürlich ist es zu windig, um den Regenschirm aufzuspannen. Ich bin mit den Zwergen auf dem Weg zum Kindergarten und NATÜRLICH sind wir schon fast zu spät dran. Sohnemann wollte nach dem Frühstück unbedingt noch Puzzeln. Als ich ihn von diesem Vorhaben abgebracht und ihm erfolgreich Matschhose und Gummistiefel übergestülpt hatte, wollte Töchterchen unbedingt nochmal gestillt werden. Zumindest kamen wir später auf dem Weg recht gut voran, die Kleine in der Bauchtrage, der Große auf dem Laufrad. Endlich vor der Kita! Ich sehe andere Eltern – oder sagen wir, ich sehe zumindest Teile von Elterngesichtern unter Kapuzen und Schirmen hervor blitzen. Schön findet diesen Morgen wohl niemand, aber die „Hallos“ und „Guten Morgens“, die wir uns mit verständnisvollem Lächeln füreinander zuraunen, machen ihn etwas erträglicher.
Als ich gefühlte drei Stunden später im Wiegeschritt aus der Kita rauskomme, damit die Kleine endlich in der Bauchtrage richtig einschlafen möge, und das Laufrad schnappe, überholen mich zwei Mütter. Auf mein „Guten Morgen!“ kommt allerdings nur ein „Guten Morgen!“ von Mutter Nummer eins zurück. Mutter Nummer zwei hält es nach einem kurzen Blick zu mir nicht für nötig.

Liebe Mutter zwei. Ich kenne leider nicht deinen Namen, nur die Gruppe, in dein Kind geht. Wüsste ich, welcher Garderobenplatz der eure ist, würde ich diese Zeilen speziell für dich ausdrucken und hinterlegen. Du bist eine der zugezogenen, das kannst du wegen deines südwestdeutschen Dialekts auch nicht verbergen. Du bist die Mutter, die mich nie grüßt. Wahrscheinlich wird diese Ehre nur einem ausgewählten Kreis von Eltern aus deiner Gruppe zuteil. Ich erwarte von dir noch nicht mal ein sauber artikuliertes „Guten Morgen“. Ein genuscheltes „Morjn“ oder „Hallo“ würde schon reichen. So viel Höflichkeit unter Eltern muss schon sein.

Vielleicht hast du aber auch Angst, liebe zugezogene Mama, dass dich keiner versteht? Keine Angst, Berliner sprechen vielleicht einen echt schnodderigen, manchmal schwer verständlichen Dialekt, aber sie verstehen ganz gut – zumindest die einfachsten Begrüßungsformeln. Das habe ich in den 23 Jahren, die ich jetzt in Berlin lebe, gelernt. Na, wir könn det ja ma die janzen nächsten Wochen üben, wa?

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