Wenn ich erzähle, dass wir mit den Kindern in diesem Sommer in Belgien waren, dann gehört zu den häufigsten Reaktionen: „Ach, Brügge ist echt so schön!“ Für mich das perfekte Stichwort, um zu erzählen, dass wir unsere Belgienreise im französischsprachigen Süden begonnen haben und am Ende kurzentschlossen nicht einmal in Brügge waren. Dafür haben wir eine eher unbekannte Stadt in Flandern für uns entdeckt, aber jetzt erst einmal von Anfang an. Los ging’s also in der Wallonie, die die Autokorrektur während des Schreibens übrigens immer in Wallonien umändern will. Zwei Erwachsene, drei Kinder, unterwegs mit dem Auto – keiner davon des Französischen mächtig. Wir hatten zunächst nur Lüttich als festen Ort auf unserer Urlaubsliste. Schließlich wollte Frau Lüttich endlich mal nach Lüttich. Die restliche Route unserer einwöchigen Reise durch die Wallonie entstand beim Blättern durch Reiseführer und mit hilfreichen Tipps von Belgien Tourismus Wallonie-Brüssel.
„Liebling, wir brauchen ein Feldsteinhaus!“
Im Reiseführer hieß es blumig: „Majestätische Wälder, romantische Flusstäler und unverfälschte Regionalküche: In der Wallonie, dem französischsprachigen Süden Belgiens, begegnen sich Natur und Genuss.“ Wir fahren durch jede Menge wunderschöne Natur, aber zum Genuss derselbigen kommt es erst als wir unser erstes Ziel in Belgien, den kleinen Ort Maillen erreicht haben. Genau genommen ist Maillen nicht einmal ein eigenständiger Ort, sondern von einer von mehreren Ortsteilen, die zu Assesse gehören. Wir beschließen, den Rest der Strecke nicht auf unser Navigationssystem zu vertrauen, sondern den gelben Schildern zum Hotel Chateau de la Poste zu folgen. Die Belgier werden schon wissen, wo’s hier zum Hotel geht! Offensichtlich wissen sie, wo es auf einer besonders schönen Strecke zum Hotel geht, denn die Schilder führen uns geradewegs durch Crupet, eines der schönsten Dörfer der Wallonie. Normalerweise wären mein Mann und ich direkt ausgestiegen und durch dieses wunderschöne, kleine Dorf geschlendert. Doch bei uns im Auto schlafen alle drei Kinder und wir wagen nicht anzuhalten. Die Erfahrung lehrt uns, dass mindestens eines der Kinder wirklich übellaunig wird, wenn wir jetzt anhalten und sie wecken.
Also fährt mein Mann fast schon im Schneckentempo die immer schmaler werdenden Straßen entlang und ich staune vom Rücksitz die Häuser an. „Wir nehmen eines dieser süßen Feldsteinhäuser mit und setzen es irgendwo auf den Brandenburger Acker,“ schlage ich ihm vor. Der lacht nur und konzentriert sich, um die Abzweigung zum Hotel nicht zu verpassen. Und während wir eine noch viel schmalere Straße durch den Wald nehmen und rätseln, ob wir immer noch richtig sind, ruft Kind 1.0 vom Beifahrersitz: „Ich sehe das Schloss. Das ist ein richtiges Schloss!“ Dass in diesem Moment mit einem Schlag auch die Schwestern wach sind, brauche ich sicher nicht zu erwähnen.
„Wir könnten wandern, klettern, paddeln…“
Das erste Abendessen in Belgien dauert bei den Kindern nur zehn Minuten. Dabei hatten wir vor dem Essen noch einen ausgiebigen Spaziergang gemacht. Noch mit ein paar Bissen im Mund flitzen sie auf den Spielplatz direkt unterhalb der Terrasse. Wir sitzen bei Bier, Limonade und hausgemachter Crème brûlée noch einen Moment länger und sinnieren über das Programm der nächsten Tage. „Wandern wäre toll. Das hat auch der Andrack gemacht. Du weißt schon, der aus der Harald Schmidt Show.“, überlege ich laut, obwohl ich weiß, dass ich in unserer Familie der einzige Wanderfan bin und die Kinder dafür auch noch ein bisschen zu klein sind. Geblättert hatte ich trotzdem vor unserer Belgienreise und kann diese Links zum Thema Wandern in der Wallonie empfehlen:
- Infoseite von Belgien-Tourismus: Wandern in den belgischen Ardennen
- Kostenloses Infopaket zum Bestellen: Wandern in den Ardennen
- Sonderheft vom Wandermagazin: Belgische Ardennen
Noch einen Hähnchenschenkel und zwei Stück Cheese Cake später schlage ich vor, für den nächsten Tag ein Ziel einzuplanen, das auf jeden Fall den Kindern Spaß machen wird. Einfach nur schöne Landschaften zählen für Kinder nur bedingt zu den Highlights einer Urlaubsreise, obwohl die belgischen Ardennen wirklich landschaftlich zum Verlieben schön sind! Die Weiten der belgischen Prärie haben mich beeindruckt und würden es auch in den nächsten Tagen bis zur Ankunft in Brüssel tun. Unter dem französischen Wort “prairie” versteht man nicht zwingend eine Landschaft mit endloser Weite wie in Nordamerika, sondern eher im Sinne von Wiese oder Aue.
Was macht man nun mit Kindern in der Wallonie? In den Prospekten, die ich von der Internationalen Tourismusbörse im Frühjahr mitgenommen hatte, klebten schon viele bunte Post-its. Und tatsächlich befinden sich in der Provinz Namur ganz in der Nähe von Maillen lohnenswerte Ziele, insbesondere für Familien:
- Die Grotten und der Wildtierpark in Han-sur-Lesse
- Die Domäne Provincial de Chevetogne (und hier besonders die Spielplätze)
- Für aktive Familien mit älteren Kindern: Dinant Evasion
Ich sehe mich im Hotelrestaurant um. Draußen sitzen Pärchen an kleinen Tischen, drinnen viele Familien. Es wird gegessen, geplaudert, getrunken, dazwischen Kinder, die zwischen Spielplatz und den Desserts auf dem Buffet pendeln. Im Radio läuft ein Stück aus „Die fabelhafte Welt der Amélie“.
Später am Abend sitzen wir im Erdgeschoss in der Nähe der Bar. Kind 3.0 ist satt und zufrieden einfach auf dem Sofa neben mir eingeschlafen. Meine Großen haben den Raum mit den Brettspielen gefunden und wir spielen ein paar Runden, holen uns Getränke von der Bar, genießen den Sonnenuntergang auf der riesigen Terrasse. (Ich muss wirklich noch einmal separat über dieses tolle Hotel berichten und viel mehr Fotos zeigen!)
„…oder einfach mal nichts tun und genießen.“
Wie wäre es eigentlich, wenn wir einfach mal in den ersten beiden Tagen unseres Belgien-Urlaubs nicht tun? Wann habe ich eigentlich des letzte Mal ganz bewusst nichts getan und die Seele baumeln lassen? Nicht oft.
Am nächsten Morgen sehe ich aus dem Fenster und sehe erst einmal – nichts! Alles ist neblig und die Sonne schafft es nicht durch den Nebelschleier zu dringen. Später bei unserer Abreise beschreibt ein Gast, ein älterer Herr aus Luxemburg, das Hotel im Nebel ganz treffend: „Es ist ein bisschen hier wie in einem Hitchcock-Film, nicht wahr?“ Beim Frühstück, das ausgesprochen gut ist und mit Saftorangen zum selber Auspressen viel Anklang bei den Kindern findet, beschließe ich mit meinem Mann, dass wir auch den zweiten Tag in der Wallonie ganz im Sinne des Savoir-vivre verbringen wollen. Wir werden ohne Eile zur nächsten Station unserer Reise, zum Castel Pont-à-Lesse bei Dinant, fahren und vorzugsweise die kleinen Straßen nehmen, die uns nach wenigen Kilometern an der Maas entlang führen. Kind 1.0 übt sich als Erstklässler im Lesen der Schilder und tauft die Maas (französisch: La Meuse) kurzerhand in Mäusefluss um.
Hier bei Dinant wird die Landschaft felsiger und damit auch interessanter für die Kinder. An diesem Tag gehen wir spazieren, bestaunen uralte Bäume und schroffe Felsen. Den Stadtbummel durch Dinant müssen wir aber leider abbrechen, weil es einfach zu stark regnet. Dafür haben wir später im Hotel den ganzen Hotelpool für uns und lassen uns auch vom leicht schmuddeligen Ambiente der Umkleide nicht die Laune verderben.
Am Ende von Tag zwei in der Wallonie bin ich tiefenentspannt. In der Hotel-Lobby lese ich in einem Prospekt der Dinant Invesion: „Loin du stress et du monde moderne, harmonie et douceur de vivre vous attendent en Ardenne belge.“ Dem habe ich nichts hinzuzufügen.
In den darauffolgenden Tagen waren wir dann im mit Spannung erwarteten Lüttich, fanden in der Nähe von Spa ein wahres Spa in Form eines kleinen, feinen Hotels und machten an einem verlängerten Wochenende Brüssel unsicher, bevor es dann weiter nach Flandern ging.
Dieser Beitrag ist Teil meines Familienreiseblogs. Für meine Reisen arbeite ich auch mit touristischen Partnern zusammen. Hier erfährst du mehr über mich als Reisebloggerin und meine Reiseartikel.
Hey Sophie,
wie schön, dass die Wallonie auf Dich ebenfalls einen solch entspannenden Effekt hatte. Ich war gerade erst im Süden Belgiens unterwegs und komme ganz verzaubert zurück. Hätte ich der Region nicht unbedingt zugetraut, denn ich war auch so eine Kandidatin: „Ach, Brügge ist so hübsch.“ oder „Ja, Brüssel ist toll.“ :)
Ein tolles Erlebnis ist übrigens eine Planwagenfahrt mit Pferden und einem leckeren Fondue. Vielleicht inspiriert mein Blogartikel ja zur Wiederholungsreise.
LG Sonja
Liebe Sonja,
danke für deinen Kommentar und deine Tipps.
Viele Grüße, Sophie