Wollen täten wir schon… Nachlese zur Fachtagung Familienunterstützende Dienstleistungen

Die die Robert Bosch Stiftung in Kooperation mit dem Bundesfamilienministerium luden am 8. Juli 2010 zur Fachtagung „Familienunterstützende Dienstleistungen – Potenziale, Perspektiven, Erfolge“ in die Robert Bosch Repräsentanz Berlin. Hauptsächlich sollte es um Fragen gehen wie z.B. „Wie hat sich der hiesige Markt für familienunterstützende Dienstleistungen (FUD) entwickelt?“ und „Welche Potenziale und Chancen birgt er?“
Ganz ehrlich gesagt konnte ich mir lange Zeit nichts unter einem FUD-Markt vorstellen, wenn gleich ich mir schon ziemlich genau ausmalen konnte, welche Dienstleitungen wohl alles zum Bereich „familienunterstützend“ zählen würden. Haushaltshilfen und Babysitting fielen mir spontan ein, aber das kann es ja eigentlich noch nicht gewesen sein, wenn sich das Bundesfamilienministerium und eine große Stiftung damit beschäftigen. Also bediente ich mich der einschlägigen Suchmaschine, fand Webseiten, folgte Querverweisen und fand diese Zusammenfassung, die es ganz gut trifft:

Die Gesellschaft braucht Menschen, die ihre Arbeitskraft einsetzen, die aber gleichzeitig bereit sind, eine Familie zu gründen und Kinder zu erziehen. Ein vielfältiges Angebot von Dienstleistungen für Familien trägt entscheidend dazu bei, Berufstätigkeit und familiäre Aufgaben zu vereinbaren. Hier eröffnet sich ein Marktsegment von beträchtlichem Wachstumspotenzial, das es zu fördern und zu nutzen gilt. […] Gefördert werden innovative Geschäftsmodelle für familienunterstützende Dienstleistungen auf kommunaler Ebene. Sie sollen es Eltern erleichtern, ihrer Berufstätigkeit nachzugehen, indem sie von Aufgaben um Haus und Familie entlastet werden. Private Haushalte sollen als Arbeitgeber und Marktteilnehmer aktiviert werden und neue Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor schaffen.

Aber wenn doch alle nach mehr Familien und Arbeitsplätzen in diesem Land brüllen, warum fristet dann der Markt für familienunterstützende Dienstleistungen solch ein Nischendasein? Auf der Fachtagung wurden folgende Punkte als Ursachen schnell deutlich:

  • Ein Imageproblem: das „Dienstmädchenprivileg“
    Im Bewusstsein heutiger Familien gilt es als weitgehend selbstverständlich, dass die Führung des Haushalts und die Kinderbetreuung in Eigenarbeit verrichtet werden. Die Beschäftigung von Personal scheint nur eine Option für einen besonders reichen oder privilegierten Personenkreis – hier im Friedrichshain hört man an der einen oder anderen Stelle schon den Satz fallen: „Wenn ich so’ne Mitte- oder Prenzelbergmutti wäre, würd ich mir sowas auch leisten.“ Nicht wenige geben aber auch zu, dass es ihnen unangenehm wäre, „jemanden für sich arbeiten zu lassen“.
  • Suchstrategien und Suchkosten
    Für suchende Familien ist es schwierig, eine passende Arbeitskraft zu finden. Es gibt keinen funktionierenden Markt mit Angebot und Nachfrage. Fehlende Markttransparenz und unterschiedliche Zugangswege führen zu hohem Suchaufwand und Suchkosten. Neben den Arbeitskosten einer Hilfe sind vor allem der Aufwand für Organisation, Bürokratie und Suche sowie Sicherheitsbedenken („fremde Person im eigenen Haushalt“) hartnäckige Gründe, die von den privaten Haushalten gegen eine Inanspruchnahme aufgeführt werden.
  • Mangelnde Zufriedenheit mit der Qualität
    Vielleicht messen Familien der Sauberkeit ihrer Wohnung eine niedrigere Priorität zu als anderen Bereichen, aber wenn es um bezahlte Haushaltsleistungen geht, werden die Ansprüche höher gesetzt. Jeder zweite Haushalt bewertet die Qualität der geleisteten Arbeiten als nur gering.

So kommt es, dass viele Familien entweder ganz auf Hilfen verzichten oder auf dem Schwarzmarkt fündig werden. Beim Thema „Konkurrenz durch den Schattenmarkt“ ging ein ärgerliches Brummen durch die Reihen der Tagungsteilnehmer, die überwiegend Unternehmer auf dem FUD-Markt waren. Kurzum, so richtig will der FUD-Markt nicht in Fahrt kommen. Ergebnisse einer repräsentativen Allensbach-Umfrage zu familienunterstützenden Dienstleistungen 2008 zeigen, dass jeder zweite Befragte diese Möglichkeit prinzipiell für sich ausschließt.

Und so entstand unter anderem folgendes Bild im visuellen Protokoll der Tagung:

Visuelles Protokoll: Wollen täten wir schon...

Visuelle Protokolle: Reinhard Kuchenmüller und Dr. Marianne Stifel

Angefertigt übrigens von Reinhard Kuchenmüller und Dr. Marianne Stifel, die als Team von Visuelle Protokolle von diesem Tag mit flinkem Stift ganz wundervolle Bilder festhielten.

Wahrscheinlich trifft dieses Bild unsere Situation auch ganz gut. Ich selbst gehöre ja quasi zur Kernzielgruppe, habe aber auch tatsächlich noch nie ein familienunterstützendes Dienstleistungsunternehmen in Anspruch genommen. Ob ich mich mit Haushaltspersonal komisch fühlen würde, ob die Suche schwierig und der Papierkram lästig wären und ob ich das Ganze als zu teuer empfinden würde – das alles weiß ich nicht, weil ich es noch nie ausprobiert habe. Vielleicht wird es ja mir Kind Nummer 2 ja anders? Warten wir’s ab.

Zum Weiterlesen:

Monitor Familienforschung – Entlastung für Familien durch familienunterstützende Dienstleistungen (PDF)
Robert Bosch Stiftung: Unternehmen Familie – Innovationen durch familienunterstützende Dienstleistungen

Ein Kommentar

  1. Liebe Frau Wenke,

    vielen Dank für diesen schönen Artikel (Post) zu unserer Fachtagung. Im November wird es eine noch größere Veranstaltung zum Thema FUD in Berlin geben. Ich halte Sie gerne auf dem Laufenden.

    Herzliche Grüße
    Indre Zetzsche

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